Das Thema Sprachgeschichte haben wir uns als SOL-Projekt selbst erarbeitet. Neben den Lektionen, die uns zur selbständigen Arbeit zur Verfügung standen, gab es noch zwei Kolloquien, in denen inhaltliche Aspekte diskutiert und Fragen geklärt wurden. Begeben wir uns auf die Reise, wie aus «dem» Indoeuropäisch unser heutiges Hochdeutsch wurde.
Beginnen wir am Anfang. Deutsch ist eine germanische Sprache. Die germanischen Sprachen, zu der auch das Englische gehört, lassen sich der indoeuropäischen Sprachfamilie zuordnen. Die indoeuropäische Sprachfamilie besteht aus vielen Sprachen, die überall auf der Welt gesprochen werden. Wie die Bezeichnung Sprachfamilie bereits aussagt, sind die Sprachen miteinander verwandt. Ein wichtiges Merkmal dieser Sprachen ist der flektierende Sprachbau mit der Tendenz zur Fusion. Vereinfacht gesprochen: Benachbarte Morpheme (?was bedeutet das? – kurz erklären) beeinflussen einander und syntaktische Beziehungen werden durch Stamm verändernde Elemente ausgedrückt. Die indoeuropäische Sprachfamilie wird in zwei Gruppen unterteilt: den Kentum-Sprachen und den Satem-Sprachen. Während bei den Kentum-Sprachen k-Laute hart blieben, veränderten sie sich bei Satem-Sprachen zu s- oder sch-ähnlichen Lauten.
Der Gund, weshalb heutzutage auf der ganzen Welt Sprachen aus der indoeuropäischen Sprachfamilie gesprochen werden, sind Völkerwanderungen und der Kolonialismus. Als Hilfskonstrukt für etymologische Zwecke geht man von einer Ursprache aus, von der die verschiedenen Sprachen der Sprachfamilie abstammen. Für «das» Indoeuropäische gibt es jedoch keine sprachlichen Belege.
Für den Ursprung der indoeuropäischen Sprachen gibt es mehrere Modelle und Theorien. Die am weitesten verbreitete Theorie ist die Stammbaum-Theorie, die von einer gemeinsamen Grundsprache ausgeht, von der sich immer mehr Sprachen «abgezweigt» und weiter unterteilt haben. Nach dieser Theorie findet sich der Ursprung der Sprachen vor mehr als 8’700 Jahren.
Am zweiten Halt unserer Reise befinden wir uns etwa im Jahr 270. Nach der Stammbaum-Theorie haben sich etwa zu dieser Zeit die germanischen Dialekte herausgebildet. Sie unterscheiden sich durch mehrere Punkte von den anderen Sprachen aus der indoeuropäischen Sprachfamilie.
Im Germanischen entwickelte sich eine Festlegung des freien Wortakzents auf den Wortanfang. Durch diese Festlegung der Betonung der ersten Silbe, wurden die weiteren Silben weniger stark betont, was zur Abschwächung der weniger stark betonten Silben oder sogar zu ihrem Versschwinden führte. Indoeuropäische Sprachen hatten bis zu dieser Zeit ein vielfältiges Flexionssystem, welches durch die Festlegung des freien Wortakzents auf den Wortanfang im Germanischen deutlich kleiner wurde.
Im Indoeuropäischen wurden Verben durch Ablaute konjugiert. Die im Germanischen neu entstandenen Verben wurden jedoch nicht in dieses Ablautsystem integriert. Diese schwachen Verben wurden mithilfe eines Dentalsuffixes konjugiert. Diese Art der Konjugation ist in anderen nicht-germanischen Sprachen nicht vorhanden.
Die grösste Veränderung, die das Germanische von den anderen Sprachen der indoeuropäischen Sprachfamilie unterscheidet, ist die erste Lautverschiebung. Da diese Lautverschiebung eine solche grosse Bedeutung für das Germanische hat, wird sie auch als germanische Lautverschiebung bezeichnet. Durch die Lautverschiebungen gab es zwei grundlegende Veränderungen im Konsonantensystem. Die erste Lautverschiebung kann man aufzeigen, in dem man Englisch mit Französisch vergleicht. Das Französisch hat die erste Lautverschiebung nicht mitgemacht, weshalb es eine Vorstufe des Englischen ist, welches die erste Lautverschiebung mitgemacht hat. Wörter, die nach der ersten Lautverschiebung ins Germanische aufgenommen wurden, haben die erste Lautverschiebung nicht mitgemacht, die zweite jedoch schon. So kann man erkennen, um welche Zeit es welche Wörter bereits gegeben hat.
Die zweite Lautverschiebung begann etwa 500 nach Christus im Alpengebiet und hat sich von dort aus nach Norden ausgebreitet. der germanischen Sprachen haben diese Lautverschiebung mitgemacht. Nicht einmal alle deutschen Dialekte, die wir heute aus Deutschland kennen. Durch die zweite Lautverschiebung entstand das Althochdeutsch aus dem Germanischen. Die Grenze, an der die zweite Lautverschiebung stoppte, heisst Benrather Linie. Sie trennt das Hochdeutsche vom Niederdeutschen. Die am meisten betroffene Laute der zweiten Lautverschiebung waren diese, die in der ersten Lautverschiebung entstanden waren. Um die zweite Lautverschiebung zu illustrieren, kann das Standarddeutsch mit dem Niederländischen verglichen werden.
Wir befinden uns nun etwa im 12. Jahrhundert. Etwa zu dieser Zeit vollzogen sich drei lautliche Veränderungen, die aus dem Mittelhochdeutschen das Neuhochdeutsche machten. Bei der Diphthongierung wurden aus einzelnen Vokalen Doppellaute. Die Diphthongierung betraf nur den hochdeutschen Raum, welchen die Diphthongierung auch nicht ganz erfasste.
Das Gegenteilige dazu ist die Monophthongierung. Bei der Monophthongierung wurden Diphthonge zu alleintönenden Vokalen. Auch diese lautliche Veränderung erreichte nicht alle deutschen Dialekte.
Bei der Vokaldehnung änderte sich die Dehnung von kurzen mittelhochdeutschen Vokalen in offenen Silben. Sie wurden zu langen Vokalen, während Vokale in geschlossenen Silben kurz blieben.
Um diese Veränderungen an Beispielen zu zeigen, kann man das Hochdeutsch mit dem Schweizerdeutsch vergleichen, welches nicht von den lautlichen Veränderungen betroffen war.
Ek sé þik (Altnordisch)
· Ek
o k --> ch
o Ech --> Ich
· sé
o sehe
· þik
o þ --> d (dik)
o k --> ch (dich)
Ik wil þuk frijon. (Gothisch)
· Ik
o K --> ch (ich)
· wil
o will
· þuk
o þ --> d (duk)
o k --> ch (duch)
o duch --> dich
· frijon
o befreien